Ein herzliches Grüezi aus Mindelo auf den Cap Verden
wir sind am 25.11. morgends um 9 Uhr Ortszeit (-2 Std der Schweizerzeit) im Hafen Mindelo angekommen.
Die Reise beraubt uns aller Kräfte, physisch wie psychisch. Bei mir sicher ausgeprägter als bei Martin, aber auch er ist froh wieder festen Boden unter den Füssen zu haben.
Ich habe bis zu dieser Überfahrt nicht gewusst, was Hochseesegeln bedeutet. Jetzt weiss ich es!! Wir starten in Teneriffa, ausserhalb des Hafens setzen wir unser neues Segel und zur Stabilisation auch das Grosssegel mit 2 Reff. Die Wellen kommen vom Nordwesten wie der Wind auch. Es schaukelt hin und her und der Parasailer bewegt sich vorne von einer Seite zur anderen. Irgendwie unangenehm, und wir finden nicht die richtige Einstellung. Als der Wind zunimmt entscheiden wir, wie es sich später herausstellt genau richtig, runter mit dem Parasailor und weiter mit der Fock.
Kaum hat Martin vorne am Bug alles zusammengepackt und festgebunden, kommen schon die ersten starken Böen und die Wellenhöhe nimmt zu.
Kein Problem, denke ich, hab ich ja in allen Büchern gelesen, dass im Umkreis der Inseln teilweise Starkwinde herrschen.
Ich schaue dem ganzen (noch) recht entspannt zu, koche uns ein warmes Essen, muss mich aber schon sehr gut festhalten um nicht hin und hergeschleudert zu werden.
Der Wind nimmt zu und für mich beginnt die Nachtwache. Ich bin etwas unsicher mit den Segeleinstellungen bei Vorwind, kann aber meine Wache noch gut durchhalten. Später in der Nacht kommt es zu einer ungewollten Halse (Segelbaum wechselt die Seite) und die ersten Teile gehen zu Bruch. Martin kann das provisorisch befestigen und bei Tagesanbruch den Block auswechseln. Wir segeln bei 5-6 Bft, das dritte Reff muss eingebunden werden. Dies bedeutet, Martin muss nach vorne zum Mast… bei 3 meter hohen Wellen!!!! Mir läuft es kalt den Rücken runter. Er sichert sich an der Lifeline und macht das Segel klar. Die See wird immer rauher und die Wellen brechen auf allen Seiten und steigen auch zeitweise ins Cockpit ein. Das Kochen entwickelt sich zunehmend als grosse Herausforderung, alleine kochen ist unmöglich, denn es steht immer nur eine Hand zur Verfügung. Die Andere muss sich gut festhalten und der Stand immer kontrolliert sein. Wir essen also die ersten Tage Suppe, Brot, Getreideriegel, Joghurt und Früchte, trinken eine Menge Wasser und Cola zéro. Wer mich kennt weiss, dass ich ohne Kaffee Mühe habe den Tag zu überstehen. Und jetzt sind es Tag und Nacht abwechslungsweise 3 Std. schlafen und 3-4 Std. Wache halten.
Es ist sehr anstrengend, weil wir immer in Bewegung sind durch die starken Wellen. Ja übrigens…..erwartet keine Fotos, es war unmöglich zu fotografieren!!!! Ein bekanntes Schiff hat uns gekreuzt und ein paar Fotos von uns gemacht.
In der dritten Nacht, während meiner Wache bei 7-8 Bft ertönt ein Signal, ich schaue zum Display des Autopiloten, erkenne eine Fehlermeldung, ziehe sofort Jacke und Weste an, um sofort das Ruder zu übernehmen da der Autopilot ausgefallen ist. Martin muss aufstehen und helfen. Es ist sehr schwierig das Schiff zu halten bei 35 kt Wind. Wir erschrecken natürlich sehr über die Tatsache, der Autopilot ist defekt…was nun? Zum Glück haben wir die Windsteuerungsanlage montiert, die mechanisch funktioniert und uns vor einer fast nicht zu bewältigenden Situation rettet!!! Wir haben noch wenig Erfahrung mit der Feineinstellung, doch jetzt gibt es nur eines….. learning by doing!!! Und es funktioniert, jupiiii…andernfalls hätten wir die nächsten 600 sm alles selbst steuern müssen. Ein Ding der Unmöglichkeit in einer Zweiercrew.
Fazit der Überfahrt: 6 Tage und 20 Std. Starkwind 5-8 Bft und Wellen zwischen 3-ca 8 meter hoch und keine Erholung. Ich habe Angst und darf es nicht zeigen, sobald Martin aufs Vorschiff raus muss, denn er hat genug zu tun und kann sich nicht um mich kümmern!! Also Kopf runter und durch..
Nun sind einige Tage vergangen, wir sind wieder bei Kräften und ich habe mich psychisch wie physisch wieder erholt. Nur…die blauen Flecken bleiben noch einige Tage. Das Wetterfenster für die Abfahrt in die Karibik schaut gut aus und wir freuen uns auf eine herrliche Überfahrt, Start evt am 1.12.
Wir wünschen Euch eine besinnliche Adventszeit, fröhliche Weihnachten und grüssen Euch ganz herzlich
Denise und Martin
ps: Bis Bald bei vorhandenem Internet in der Karibik